Rückfahrt
 
Auch von der Rückreise gibt es ein ausführliches Tagebuch, aber das veröffentlichen wir hier nicht, da es z. T. Dinge wiederholt, die schon bei der Herfahrt erzählt worden sind, und da es auch ein wenig persönlich ausgefallen ist.
Hier nur einige Anmerkungen in Kurzform:
  1. „Alexandra Rickmers“ kam wegen schlechten Wetters etwas zu spät in Melbourne an.
  2. Der Dampfer ist die ältere Schwester der „Aenne“, ansonsten aber ein Klon.
  3. Wegen Maschinenschadens haben wir mit Zwischenstop in Adelaide bis Singapur erhebliche zusätzliche Verspätung aufgesammelt. In Singapur lagen wir für zwei Tage zwecks Reparatur auf Reede und hinkten, als wir starteten, dem „Fahrplan“ eine Woche hinterher. Um dieses Defizit auszugleichen, hat der Charterer alle Häfen vor Tilbury und danach Hamburg gestrichen, deshalb kommen wir hoffentlich in Rotterdam an.
  4. So sind wir in den Genuss einer Nonstop-Seereise seit dem 7.11. gekommen, die nach bisheriger Planung bis zum 30.11. dauern soll.
  5. Das Leben auf der Alexandra ist deutlich anders auf der Aenne, was verschiedene Ursachen hat:
  6. Die philippinische Crew und die zwei philippinischen Offiziere sind nett, strahlen aber nicht gerade das Odium übermäßiger Kompetenz aus. Wenn bei der allwöchentlichen Bootsübung „Ablebodied Seaman“ X immer wieder nicht weiß, wo der Lösesplint für das Rettungsboot ist, und „Officer“ Y ihm das nicht erklären kann, hat das zwar den Charme alter Slapstickfilme, lässt uns aber auch hoffen, dass dem Schiff bitte nichts Ernstes geschehen möge. Alles außerhalb der Routine, dazu kann auch der Auftrag gehören, eine Division (83 mi/17 kn/h) durchzuführen, scheint manche Besatzungsmitglieder - auch Offiziere - zu überfordern. Weniger schwerwiegend ist dagegen, dass der Steward gar keine Ahnung von seinem Job zu haben scheint.
  7. Der Rest der Offizierscrew ist bunt gemischt: zwei Polen, ein Rumäne, ein Litauer und ein deutscher Praktikant haben sich offenkundig nichts, aber auch gar nichts zu sagen - und das für lange vier bis fünf Monate, in denen sie zusammengewürfelt sind. Der „Officers-Saloon“ wird überhaupt nicht benutzt.
  8. Kapitäne haben wir gleich doppelt erlebt: bis Singapur hatten wir einen deutschen Senior-Kapitän, der sehr nett zu uns Passagieren war und im übrigen sehr, sehr deutsch, was sich besonders in den Umgangsformen gegenüber der Crew und dem - vielleicht berechtigten - Bedürfnis ausdrückte, alles selber zu machen. Entsprechend war die Stimmung: gelacht wird nicht - und gefeiert auch nicht, die wöchentliche Satelliten-Zeitung, die einzige Informationsquelle für alle an Bord, auszudrucken ist Papierverschwendung. Standardsatz: „Was das den Reeder wieder kostet“.
  9. Der auf ihn folgende rumänische Kapitän war ruhiger und verbindlicher, aber ein recht zugeknöpfter, ironieunfähiger, aber zuverlässiger Schiffsführer.
  10. Also: zwei Schiffe, zwei Welten. Wir können uns vorstellen, dass wir bei umgekehrter Schiffsabfolge auf die Rückfahrt dankend verzichtet hätten.
  11. In der Biskaya werden wir die nächsten zwei Tage wohl etwas heftiger schaukeln, nachdem wir bisher eine völlig ruhige Fahrt hatten. Dann steht uns noch ein ganzer Tag Tilbury/London bevor. Schaun mer mal!
Melbourne - Rotterdam?
Freitag, 24. November 2006