Darwin-Broome
 
Mittwoch, 13.9.
Heute früh sagt Britz am Telefon, wir könnten jederzeit kommen - gut so! Erst mal hapsen wir aber - wohl für lange zum letzen Mal - ein ordentliches Hotelfrühstück, bevor uns ein größeres Taxi zur Bombing Road kutschiert. Dort ist Britz=Maui, und es ist, wie es ist: Es dauert seine Zeit, vor allem wegen der anderen des Englischen nicht mächtigen Deutschen, die das Kleingedruckte nicht gelesen oder nicht verstanden haben und jetzt zu argumentieren versuchen oder schmollen, weil sie meinen, übers Ohr gehauen zu werden.
Unser Herbert ist der erwartete Mercedes-Diesel, Kilometerstand übrigens 74100, aber er schockt uns erst mal mit seiner Inneneinrichtung - durchdacht ist anders, und Stauraum ist Mangelware. Kay murmelt was von wegschmeißen, aber nach zwei Sunden Arbeit von kleiner campergängiger Frau sieht es so aus, als könnten wir hier leben, und wie es immer bei solchen Autos ist: Der Platz, in dem man noch was unterbringen kann, zeigt sich erst allmählich.
Nach einem Monstereinkauf bei Coles im Stadtzentrum, der auch seine Zeit braucht, machen wir uns kurz nach ein Uhr (also früher als erwartet) auf die Strümpfe - und kommen nicht weit, weil wir nicht weit kommen wollen. Denn bisher haben wir faulen Menschen, obwohl wir auf dem Schiff eigentlich genug Zeit dafür gehabt hätten, nichts Weiteres im Detail geplant, und dafür ist ein Nachmittag im Palms Village Resort, gerade mal 17 Kilometer von Darwin entfernt, gerade richtig.
Abends vertilgen wir, abgesehen von Bier, unsere Vorräte noch nicht, sondern strapazieren die Bar und auch das Resto des Campings - wegen mangelnden Riesenhungers bestellen wir nur Kleinigkeiten, die auch recht billig sind, aber die leckeren Berge, die anrollen, ploppen uns mehr als ab. Leider kommen dabei die Noseums und piesacken ausschließlich Ini, während alle anderen Menschen ihre nackten Füße auf den Boden suhlen, als wäre da nichts. Gemein!

Donnerstag, 14.9.
Die erste Nacht im neuen Heim - verbracht zwischen zwei Laken - wird gestört durch häufiges Kühlschrank-Kompressor-Geräusch, und am Morgen zeigt die Küche, was sie kann: tropischen Saft, Joghurt melon und fast vorschriftsmäßigen Kaffee - das kriegen wir auch noch hin.
Schnell sind wir auf den Arnhem Highway nach Osten, Richtung Kakadu NP. Noch wissen wir nicht so recht, was wir Herbert und uns zutrauen dürfen, haben wir doch unterschrieben, dass wir uns brav nur auf Asphalt bewegen. So begnügen wir uns am Vormittag mit einem Blick auf die “Kathedralen des Nordens” am Straßenrand, eindrucksvolle Termitenbauten, die es mitunter auf vier Meter Höhe bringen. Ungelöst bleibt die Frage: Wie und wo kommen die Tierlein eigentlich raus aus ihrer festen Burg?
Ein paar Kilometer weiter verleitet Ini Kay zum Sündigen: Der Bird Billabong ist nur über eine Dirtroad erreichbar, kurz zwar, aber eben Dirt. Herbert wackelt tapfer über das gut gepflegte Waschbrett, wir wackeln anschließend tapfer durch lichten Savannenwald zum Wasserloch, wo sich tatsächlich tausende von Vögeln aufhalten und sich aus respektvoller Distanz ablichten lassen. Danke, Fahrer, Sir, das war mal wieder lohnend! Lohnender übrigens als am wesentlich berühmteren und über faulen Asphalt zu erreichenden Mamukala Billabong, wo wir auch noch kurz vorbeigucken.
Wir bleiben nicht im Kakadu Resort am Alligator River, sondern im Kakadu Resort in Jabiru, das verblüffend leer ist - schließlich sind wir in der Peak Season. Kay bucht erfolgreich eine  Ganztagestour für Morgen, und wir sind sehr gespannt, ob die auch erfolgreich sein wird, Erfolgreich war jedenfalls unser erster Kochversuch, wenn auch nicht im eigenen Auto: Der Grill des Campingplatzes hat unseren gestern erstandenen T-Bone-Steaks zu einer essfreundlichen Konsistenz verholfen. Danach sind wir früh im Bett, denn wir werden auch wieder früh rausmüssen.

Freitag, 15.9.
Huh, früh um sechs ist es ja noch ganz dunkel! Als Ini das Frühstück fertig hat, kommt Kay mit einer deprimierenden Nachricht vom Telefon zurück: Donna hat einen fetten Brustkrebs, was sie seit einer Woche weiß, wird demnächst operiert - alles muss raus, wie es manchmal im Ausverkauf so schön heißt - und wie es weitergeht, weiß noch niemand. Es sieht jedenfalls nicht so aus, als würden wir drei Monate in Nevada verbringen, aber das ist das kleinste Übel.
Für uns geht es um acht Uhr los, als uns ein rustikaler nicht mehr ganz junger Geländewagen an der Rezeption aufpickt. Von dem neunstündigen Tagesprogramm, das jetzt beginnt, sind wir mehr als positiv überrascht, denn es befriedigt sowohl zum großen Teil unsere Wissbegierde über den Aboriginal, das unbekannte Wesen, als auch unseren lange Zeit aufgestauten Bewegungsdrang.
Der Reihe nach  den Themen nach:
Nach Überqueren des Alligator Rivers, der die Grenze zwischen Kakadu und Arnhem Land darstellt, sind wir nach nur wenigen Kilometern in Oenpelli, einer festen Siedlung der Abos mit Supermarkt und Polizei und vor allem, aus touristischer Sicht, einer Kunstgalerie, und aus menschlicher Sicht, der einzigen (es entpuppt sich als Singular) Klos der Gegend. Gemäß Inis Theorie, dass Kultur und Zivilisation da beginnen, wo mensch einen ordentlichen Umgang mit seinen Fäkalien organisiert, hat der Abo beides nicht. Auch sollte er den Umgang mit Artefakten der westlichen Zivilisation tunlichst meiden, sind sie doch oft von dauerhafter Natur und machen nicht das, was in Oenpelli zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer noch erwartet wird, nämlich verrotten, Kurz gesagt: Die Siedlung ist ziemlich versifft. Der eingeborene Führer, der hier zu uns ins Auto steigt, riecht ( erstaunlich angenehm) ungewaschen und spricht ein ziemlich schlechtes Englisch.
Was wir an indigener Wandmalerei zu sehen bekommen, ist ungemein eindrucksvoll, wenn auch die Informationen darüber sich weitgehend darin erschöpfen, was dargestellt wird: Dass wir einen Barramundi oder eine Schildkröte vor uns haben, das sehen wir auch selber. Die Fragen nach dem Alter werden vage beantwortet: Old oder very old. Über die Entstehungszeit klärt uns erst unser weißer Guide besser auf, als er wieder bei uns sein darf.
Die spärlichen Informationen über die traditionelle Aboriginalgesellschaft skizzieren das Bild einer patriarchalischen Stammes-Kohabitation mit rigiden Regeln und drastischen Strafen.
Wir haben den ganzen Tag lang Gelegenheit zu recht abenteuerlichem Felskraxeln à la Fiery Furnace, wenn auch wesentlich weniger knochengefährdend.
Das Minkinj Valley ist wunderschön und sauber, letzteres aber, wie Kay hinter vorgehaltener Hand erfährt, nur dank der permanenten Säberungstätigkeit unseres Guides Mike, der allein die Lizenz für das Tal hat und sich dafür verantwortlich fühlt.
Schluchz, am Schluss vergisst Ini ihre Wanderstöcke im Auto!
Im Campingplatzresto gibt es leckere Atzung für die erschöpften Wanderer.

Samstag, 16.9.
Kay gelingt es auch nicht, die Dinger wiederzukriegen - heute fährt Mike unseren Campingplatz nicht an.
Wir machen uns gegen halb neun auf die Socken und beehren den Kakadu Highway. Obwohl nur als mindere Straße gekennzeichnet, ist er tiptop in Ordnung. Gewandert sind wir gestern genug, und Abo-Kunst haben wir viel und in einer Qualität gesehen, die wohl nicht so leicht zu toppen ist, deshalb ignorieren wir heute entsprechende Angebote und machen nur ein paar Schritte zu einem nichtssagenden Aussichtspunkt auf eine alte “Station”, die komplett verschwunden ist.
Nach 200 Kilometern trifft Kakadu den Stuart-Highway und zugleich Pine Springs, eine alte Minen- und später Eisenbahnstadt, in der manches liebevoll restauriert worden ist, zum Beispiel eine alte Lokomobile von 1877, aber um hier ausführlich zu gucken, ist es uns, zugegeben, zu heiß. Wir vertrauen uns wieder Herberts Klimaanlage an und machen einen Abstecher zu den Edith Falls, an denen am Ende eines netten großen Pools so etwas wie eine größere Rapid zu sehen ist. Kay hat große Gelüste, ins Wasser zu hüpfen, Ini weniger: Ob es hier vielleicht doch Crocs gibt? Und was ist mit der vermaledeiten Giardia?
Wir vertagen das Baden auf den Camping-Pool in Katherine, wo wir gemütlich am frühen Nachmittag einrollen und ein paar Einkäufe tätigen. Sonst laufen wir nicht mehr weit: Unser Emplacement hat zum ersten Mal in diesem Urlaub die Annehmlichkeiten eines eigenen Bades, und statt Austern etc. gibt es heute exotische eigene Käsesandwiches. Erstens haben wir Lust drauf, und zweitens müssen wir einiges vernichten: Die westaustralische Grenze mit ihren Quarantänebestimmungen droht!

Sonntag, 17.9.
Wohl wahr: Nach fast 500 Kilometern klaut uns der böse Onkel an der Grenze etliche Mohrrüben, Zwiebeln und Knoblauchknollen, aber vorher haben wir unterwegs noch eine Orangenorgie gefeiert - dieses leckere Obst hat niemand gekriegt außer uns!
Ohne größere Vorkommnisse rollen wir nach Westsüdwest, und allmählich stellt sich das richtige Outback-Feeling ein. Nach Katherine wird der nächste Rastplatz in 25 Kilometern angekündigt, das Intervall zum zweiten beträgt schon 45, und danach pendelt sich die Distanz bei 75 Kilometern ein. Auf 508 Kilometern gibt es zwischendurch zwei Tankstellen, nämlich im Victoria River Roadhouse und in Timber Creek, Population 293. Der Verkehr wird schnell so gering, dass wir wieder in der Abteilung “Man-grüßt-sich” unterwegs sind. Wir machen ein paar Pinkel- und Guckpausen, rollen aber im übrigen zügig voran durch recht abwechslungsreiches Hügelland mit eindeutig architektonisch unterschiedlich orientierter Termitenpopulation: Da gibt es die ägyptische Pyramidenfraktion und die jemenitischen Lehmziegelbauer neben denen, die Skyscraper bevorzugen, mal in der Einfamilienhaus- und mal in der Großwohnanlagenvariante. Vor Timber Creek versucht uns eine Windhose von der Straße zu fegen, was ihr zum Glück nicht gelingt, und danach tauchen am Straßenrand zunehmend Baobabs auf, hierzulande Boabs geheißen.
Kununurra heißt nicht, wie Murkel uns weismachen will, “Knurrende Hunde”, sondern “Zusammenfließende Wasser.” Das 5000 Seelendorf in der Mitte von nichts hat, wie erwartet, Einkaufsmöglichkeiten, die denen einer Großstadt nicht nachstehen, vor allem aber hat es eine Touristeninformation vom Feinsten. Wir kriegen hier - fast - alles Informationsmaterial für den “Rest” unserer Reise und auch einen Ausflug in die Bungle Bungles, gebucht für übermorgen. Da wir uns so viel Reiseluxus gönnen, logieren wir auch luxuriös auf dem 5-Sterne-Campground des Städtchens, dessen Küche unsere Lammsteaks ordentlich zu grillen versteht. Vor dem Schlafengehen vernichten wir die Flasche Tussi, die wir von Anfang an spazierenfahren, fast widerwillig, denn es ist einfach zu heiß dafür. Der Wetterbericht hat für morgen übrigens 37° angekündigt...

Montag, 18.9.
Westaustralien hinkt den Northern Territories zeitmäßig 90 Minuten hinterher, was bedeutet, dass es um sechs Uhr, als der Wecker sich meldet, längst strahlend hell ist. Wir haben einen faulen Tag vor der Haustür beschlossen. Nach dem Frühstück fahren wir zum Mirima NP, der wirklich gleich um die Ecke ist und behauptet, eine Miniausgabe von Bungle Bungle zu sein: Wehe! Der Eintritt in den Park kostet neun Dollar, unser morgiger Trip ist um den Faktor 110 teurer! Der Park, von den Weißen “Hidden Valley” genannt, ist  süß klein, gerade richtig für zwei Leute, und wir sind vorschriftsmäßig allein in Layer Cake Sandstein, wobei unbekannt ist, dass auf dem Stein Spinnifex wächst.
Anschließend fahren wir zum Lake Argyle, dem Stausee, der die gesamte Region mit Wasser und auch Elektrizität versorgt, und das ist schon ein bisschen weiter, nämlich 70 Kilometer, one way. Aber der Ausflug lohnt sich, der Blick auf den blauen See mitten in der gelben Wüste ist sehr schön. Mehr gibt es nicht: Spontan eine Bootstour mitzumachen, wie es Ini vorschwebt, ist nicht drin, denn alles ist langfristig organisiert und findet, je nach Nachfrage, statt oder auch nicht - Merkmal geringer Nachfrage. Hier ist eben nicht Steinhude!
Wieder zu Hause, kühlen wir uns im Pool ab und verbringen einen faulen Nachmittag und Abend mit kalter Kay-und-Ini-Küche. Dem aufmerksamen Leser dürfte es aufgefallen sein: Unser hiesiges Domizil hat zwar fünf Sterne, aber kein Restaurant. Austern gibt es also erst wieder demnächst! Kay ist das ganz recht, er isst bei der Hitze eh keine, und außerdem können wir so früh ins Bett gehen: Morgen werden sicherheitshalber zwei Wecker um halb fünf klingeln.

Dienstag, 19.9.
Dies wird ein Tag nach dem Motto:
“Trinkt, ihr Augen, was die Wimper hält,
von der Herrlichkeit der Welt!”
Manf, offiziell Alligator Airlines, holt uns pünktlich um halb sechs von unserem Campground ab, und eine halbe Stunde später sind wir in der Luft, wobei Ini die Copilotin spielen darf, während Kay der Gewichtige auf die hinteren billigen Plätze verbannt wird. Das einmotorige Propellerspielzeug brummt mit gemütlichen 120 - 130 Stundenkilometern in geringer Höhe nach Süden, mitten über Lake Argyle Richtung Bungle Bungle, oder besser offiziell Purnululu NP. Nach einer guten Stunde landen wir, werden von einem Monstergeländefahrzeug, dirigiert von Harry, empfangen und erstmal zum Frühstück gebracht. Ein Luxuswüstencamp hat irgend jemand hier aufgebaut, und die Krönung des Luxus sind ofenfrische Croissants - mitten im Busch!
Die Straßen im Park sind so gut, dass selbst wir uns zutrauen würden, sie zu fahren, aber es ist äußerst trickreich, erstmal herzukommen. Ein schnelles Kopfrechnen ergibt: Das was, uns heute hier geboten wird, könnten wir auf eigene Faust nur mir erheblich mehr Aufwand und vermutlich auch deutlich mehr Geld realisieren.
Was wird uns geboten: Nach dem Frühstück Echidna Chasm, danach Lunch. dann Cathetral Gorge, dann Rückflug mit anderer Route, so dass wir auch die größte Diamantenmine der Welt zu sehen bekommen. Das Auge hat getrunken, der Tag war wunderschön.
Nach ein bisschen kalter Küche fallen wir glücklich in das Bett, das wir am Morgen gar nicht erst abgebaut haben.

Mittwoch, 20.9.
Fahrtag!
Wir stehen so früh auf wie gestern und schaffen es, um sechs Uhr vom Camping und nach einem Herbi-Check an der Tanke um halb sieben auf dem Highway zu sein. Zuerst fahren wir durch hügeliges dunstiges, dann durch plattes klarsichtiges Australien, immer mit üppiger, jetzt natürlich dürrer Vegetation, häufig brandgeschwärzt. Die Zivilisation oder das, was sich dafür hält, hat sich weitgehend zurückgezogen: Nach knapp 400 Kilometern erreichen wir Halls Creek, Population 1200, ein nicht gerade einladendes Dorf: Hier hat der “Clash of Civilizations” dazu geführt, dass jedermann sich nach Kräften hinter hohen Zäunen verbarrikadiert. 270 Kilometer weiter liegt Fitzroy Crossing, ein Ort ähnlicher Preislage, dem wir mir gemischten Gefühlen entgegensehen, weil wir hier bleiben werden - “Next Services 270 Kilometers”. Aber das Glück ist uns hold: Ein nettes Hotel/Motel/Campingplatz-Konglomerat nimmt uns auf und gewährt uns einen angenehmen Schattenplatz mit Begrüßungsvögeln und dem, was in dieser Jahreszeit noch vom Fluss übrig ist, direkt vor der Haustür. Sogar kochen kann man hier gar nicht schlecht, und zur Happy Hour ist das Bier in der Hausbar so spottbillig, dass auch die Eingeborenen in Scharen einfallen. Wir genießen größere Portionen Shrimps und “Veggies” und gehen ungebissen ins Bett, merken allerdings nicht, dass Käfer Karl unseren Camper ganz toll findet - er wird uns den ganzen nächsten Tag lang in 60facher Ausfertigung begleiten.

Donnerstag, 21.9.
Herbstanfang, Frühlingsanfang - der Weltreisende darf sich das Entsprechende aussuchen!
Wir überqueren das, was der furchteinflößende Fitzroy River sein kann und jetzt ein armseliges Rinnsal ist, und machen uns weiter stramm ostwärts. Zwischen hier und Broome ist eigentlich nichts, falsch, da ist ganz viel Australien, nämlich 400 Kilometer davon, aber ohne nennenswerte menschliche Niederlassungen. Wenn man’s näher haben will, muss man einen Abstecher nach Derby machen, das nicht mit einem Rennen, sondern mit der Tide Reklame macht: Nach irgendeinem Kaff in Kanada ist das Dörfchen in Bezug auf den Hub weltweit Zweiter, es bringt es auf 11 - 12 Meter. Den Wasserstand kann man gut an der Jetty beobachten, die allerdings nichts Touristisches an sich hat, sondern vornehmlich dem Verladen von regionalem Blei- und Zinkkonzentrat dient - pfui Spinne! Zweite Hauptattraktion ist ein Prison Boab, in dem früher “unbotmäßige” Abos eingeknastet wurden - auch ein zweifelhaftes Highlight.
Wir drehen wieder ab und merken allmählich, dass Derby uns angelogen hat: Angeblich soll es westlich von hier keine Baobabs mehr geben, es gibt sie aber, und wie!
Am frühen Nachmittag nähern wir uns dem Ziel lang gehegter Wünsche: Broome, Oyster-Capital of the World! Übrigens nicht wegen des Leckerlis, sondern früher wg. Perlmutt und heute wg. Zuchtperlen... Wir quartieren uns in der Nahe vom Cable Beach ein auf dem besten Platz der Stadt, monströs groß und ganz schön crowdy, für drei Nächte. Heute sorgen wir erst mal für saubere Handtücher und Bettwäsche und machen dann einen Abendspaziergang zum Strand, an dem wir uns brav einreihen in die Horde der rituellen Sonnenuntergangs-Bewunderer.
 Derweilen verhungert Kay fast, was böse Ini nicht merkt; der Zustand wird danach aber mit Hilfe schneller kalter Heimküche beendet. Anschließend beobachten wir das rege Campingleben und frieren ein bisschen - na ja, übertrieben, aber merklich kühler und auch feuchter ist es hier an der Küste durchaus. Zu unserer Überraschung beruhigt sich der Platz trotz der jungen Klientèle rasch, und wir haben eine ruhige Nacht. Wer noch in die Disco geht, und das sind, geht man von der Zahl der jungen Frauen aus, die sich abends um neun Uhr aufzubrezeln anfangen, nicht wenige, kommt angenehm leise zurück.

Freitag, 22.9.
Wir schlafen für unsere Australienverhältnisse richtig aus und lassen uns dann vom Stadtbus, der einen 30-Minuten-Takt hat, nach Chinatown bringen. Richtig chinesisch ist es her nicht, aber ein bisschen von dem Flair der ersten schlitzäugigen Perlentauchergenerationen ist noch zu spüren. Vor allem ist Chinatown das Einkaufs- und Fresszentrum, und uns gelingt es, fünf Taschentücher (Jedes einzeln verpackt und mit einem Pappestreifen in Form gebracht, jawoll! Die haben in China scheint’s nichts Besseres zu tun.) und einen original Australienhut für Kay zu erstehen. Es misslingt dagegen, bei King Leopold Airways für morgen eine Tour zu buchen, die uns angelacht hat: Viel Sightseeing aus der Luft und ein paar Schluchten zu Fuß hätte es ganztägig geben sollen, aber das macht der Veranstalter nicht unter vier Interessenten, und unsere Plüschtiere würden zwar alle gerne mitkommen, aber nicht zahlen. So ordern wir alternativ bei Avis einen Fourwheeler - machen wir eben unser Eigenprogramm, ätschbätsch!
So viel Aktivität macht hungrig. Allerdings hätten wir beim Imbisstand am Beach nur eine Portion Fish and Chips ordern müssen, um locker satt zu werden. Gestärkt schultert Kay unseren großen Rucksack, und wir machen uns auf zur Stranderoberung. Schön einsam ist es zum Laufen, aber unschön quallig zum Schwimmen - zwar sind die gefährlich giftigen “Stinger” noch nicht da, aber ungiftiger Glibber zuhauf macht auch nicht unbedingt Spaß. Baden bis zur Taille mit Sicherheitsguck ist dementsprechend angesagt.
Nach drei Stunden kommen wir ziemlich groggy wieder zu Hause an und brauchen erst mal eine Dusch- und Bierpause, bevor wir uns zum Dinner aufmachen. Kay hat einen Tisch im Old Zoo Café reserviert. Nicht schon wieder Schnittchen - “Wir sind doch keine Backpacker!” O-Ton Kay. Er bekommt übrigens den Klugheitspreis des Tages: Die gastliche Stätte ist restlos ausgebucht, und hungrige Interessenten ohne Vorbestellung werden massenweise weggeschickt. Die Küche ist gut - was Kay testet -, wenn auch zu schnell, was wir beide erleiden: Kay isst “ordentlich” während Ini sich mit Austern und einem großen Kuchennachtisch “bescheidet”. Dazu gibt es eine Flasche westaustralischen Weißen, der geschmacklich wie ein Vinho verde daherkommt, aber stolze 13 Prozent Alkohol hat.
Zu Hause gibt es noch ein Absackbier, und danach beginnt die zweite ruhige Campingnacht.

Samstag, 23.9.
Kay kommt am frühen Vormittag mit einem Monster von Nissan Patrol angerollt, und wir rollen gleich darauf darin wieder ab. Broome hat innerorts durchaus Sandstraßen, auf die wir uns bisher nicht getraut haben, und so fangen wir mit einer ergänzenden Stadtrundfahrt an.
Gantheaume Point im Südwesten besticht durch malerische rote Sandsteinfelsen vor unglaublich türkisfarbenem Meer und verwundert ob seines Namens: Warum ist 1801 ein französisches Kriegsschiff hier gelandet? Doch wohl nicht nur deshalb, dass das Kap nach dem Kapitän benannt wird, oder? Was hatte Nappi damals außer Moskau noch alles im Sinn?
Redell Beach noch weiter südlich ist nicht weniger malerisch, aber nach einem weniger glücklichen Kapitän benannt: der wurde 1899 von seiner Besatzung umgebracht. Wir fahren weiter zum Hafen, der kein Containerterminal hat, wohl aber eine fußgänger- und anglerfreundliche Jetty, von der sich allerdings keine Barramundis erspähen lassen, die es natürlich auch hier geben soll - wo übrigens nicht?
Nächste Station ist der Friedhof - vor allem der japanische und der chinesische Teil verraten viel über die Stadtgeschichte, liegen hier doch allein über 900 japanische Perlentaucher, die verunglückt oder aufgrund der Profitgier ihrer Arbeitgeber Opfer der Taucherkrankheit geworden sind.
Genug Stadt! Wir wagen uns in den größeren roten Dreck und fahren zum Bird Obervatory, wo sich wegen der Mittagszeit erwartungsgemäß kaum ein Vogel blicken lässt - aber der Blick aufs Meer ist ein Traum. Enttäuschend sind dagegen die Strände im Norden - na gut, zugegeben, ein Strand im Norden, weiter zu fahren haben wir nämlich keine Lust. Wir landen an der Willie Creek Pearl Farm, deren Showroom zu Kays Erleichterung geschlossen ist, obwohl Ini nun wirklich keine Perlen will, und deren “Strand” wegen Tiefebbe zu einer seichten Lagune degeneriert ist. Aber positiv ist das auch: Wir kommen nämlich trockenen Reifens hin und zurück, was bei Hochflut keineswegs immer gegeben ist.
Abends lädt Ini ein: An der Jetty lockt “The Wharf”, ein Fischrestaurant, und Zweitherbi macht es möglich, dorthin zu kommen. Welch ein Reinfall!  Der Laden hat zwar (exotische) Fische und Meerensfrüchte einladend auf der Speisekarte aufgelistet, allein die Portionen sind winzig, und es bleibt der Phantasie des Gastes überlassen herauszufinden, wie man an das Fleisch einer blauen Krabbe gelangt - Gezähe dazu wird jedenfalls nicht geliefert. Kay muss also hungern und als Autofahrer auch noch dürsten - zum ersten Mal seit langem verlassen wir eine Kneipe, ohne auch nur einen Cent Trinkgeld zu spendieren. Auf dem Heimweg plündert Kay noch einen Bottleshop um feste wie auch flüssige Nahrung, und so endet auch dieser Abend versöhnlich.
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Darwin-Broome
Montag, 2. Oktober 2006